Laut einer aktuellen Studie wird der Juckreiz bei Neurodermitis durch das Bakterium Staphylococcus aureus maßgeblich mitverursacht. Dieses Bakterium ist bei fast allen Patienten mit Neurodermitis zu finden. Es aktiviert Nervenzellen der Haut, indem es ein spezielles Enzym, die sogenannte Protease V8, freisetzt, das wiederum über ein weiteres Eiweiß, dem PAR1, auf die Nervenzellen wirkt. Daraufhin schickt die Nervenzelle Juckreizsignale aus der Haut zum Gehirn. Staphylococcus aureus verursacht den Juckreiz im Alleingang, indem es also auf Molekular-Ebene eine Kettenreaktion startet, die zu unerträglichem Juckreiz führt.
Das Protein PAR1 ist an der Blutgerinnung beteiligt und sitzt auf den Nervenfasern der Haut. Pharmazeuten haben ein Medikament entwickelt, das PAR1 blockiert und so Blutgerinnsel verhindert. Künftig könnte ein solcher PAR1-Blocker als Grundlage von Cremes oder Tabletten bei juckenden Hauterkrankungen dienen, die mit einem Ungleichgewicht des Hautmikrobioms einhergehen. Dazu gehören neben Neurodermitis zum Beispiel auch Psoriasis (Schuppenflechte).
Die Wissenschaftler nehmen an, dass der Juck-Kratz-Zyklus, der durch Staphylococcus aureus verursacht wird, dem Keim einen Überlebensvorteil bieten könnte. Dieser Kreislauf könnte die Basis dafür sein, dass sich die Mikroben auch auf entfernte Körperstellen und auf nicht infizierte Wirte ausbreiten können. Auch andere Mikroben nutzen ähnlich ausgeklügelte Strategien zur Ausbreitung, wie das Tuberkulose-Bakterium, das direkt bestimmte Nervenzellen aktiviert, um einen Husten auszulösen und sich so leichter von einem Wirt zum anderen zu übertragen.
Liwen Deng et al.
S. aureus drives itch and scratch-induced skin damage through a V8 protease-PAR1 axis
Cell
11/2023